Road Trip nach Schweden, Part 4
Noch 7 Tage
Ich bin immer noch in Garbage Small Town Rat Trap. Kurz vor der dänischen Grenze. Nur noch 7 Tage bis zur Chiptunesparty in Stockholm. Heute werde ich Deutschland auf unbestimmte Zeit verlassen.
Ich bekomme ein Frühstück im Hotel Mama: das inzwischen ziemlich ramponierte dänische Mohnbrötchen, das ich gestern drei Stunden mit mir herumgeschleppt habe, ein wenig Sauerkirschmarmelade, Erdnussbutter und ein etwas altbackenes Aufbackbrötchen. Es fehlt: Kakao! Ich frage nach Kakao. Rosi fängt an, in den Küchenschränken zu kramen, und zieht schließlich die rote Tupperdose mit dem Kakaopulver hervor. Dazu bekomme ich eine orangegeblümte Tasse aus den 60ern. Hier ist die Zeit stehengeblieben.
„Die Dose!“, jubiliere ich, „Die hatte ich voll vergessen!“
In der Kakaodose aus meiner Kindheit ist auch immer noch der selbe dunkelbraune Plastiklöffel aus meiner Kindheit.
„Ist das Kakaopulver auch das selbe wie vor dreißig Jahren?“, frage ich.
„Bestimmt“, kommt es trocken zurück.
„Du wohnst in einer Zeitkapsel.“ Hier ist wirklich sehr viel Kram, den ich noch von ganz früher kenne.

Ich mache mir Kakao mit Sojamilch. Das Krasse ist, dass der Kakao wirklich haargenau so schmeckt wie vor dreißig Jahren. Ganz anders als die unzähligen Gallonen heißer Schokolade, die ich seitdem vertilgt habe. Den Geschmack hatte ich völlig vergessen. Es schmeckt wirklich ganz anders. Und ich frage mich, wieso.
„Kann das sein, dass das Kakaopulver mit Milchpulver ist oder sowas?“
Ja, kann sein, keine Ahnung. Argwöhnisch trinke ich weiter und befürchte, dass mein Verdauungssystem nach 14 Jahren Laktoseabwesenheit von dieser Tasse Kakao total abdrehen wird. Na dann, Prost Mahlzeit – Durchfall im Auto, großer Spaß! Aber anders kann ich mir diesen gänzlich anderen Geschmack nicht erklären. Oder, mutmaße ich, vielleicht liegt es an dieser neuen Sorte Sojamilch, von der alle so schwärmen, weil die so authentisch nach Tiermilch schmecken soll, und die ich für meine heiße Schokolade aus Mudderns Kühlschrank entwendet habe und in dessen Genuss ich nun erstmals komme, und deshalb schmeckt es jetzt wie früher. Das wird es sein, rede ich mir ein. Das ist es bestimmt. Oder das Kakaopulver ist wirklich dreißig Jahre in dieser Dose gewesen.
Nach dem Frühstück frage ich, ob ich mich noch am Esstisch breitmachen und schreiben darf. Darf ich. Ich bringe mein Blogtagebuch auf Vordermann. Dann schlägt Rosi vor, dass wir ja Vaddern besuchen gehen könnten. Ich zögere. Ein heikles Thema. Mein Vater ist fast 80 und kämpft seit einiger Zeit mit beginnender Demenz. Inzwischen kann man es sicherlich als fortgeschrittene Demenz bezeichnen. Das und die Tatsache, dass wir uns nur alle paar Jahre sehen, hat dazu geführt, dass er mit meinem Coming-out schlecht umgehen kann. Er misgendert mich und verwendet meinen Deadname, obwohl ihm in den letzten drei Jahren von allen Seiten schonend erklärt wurde, was bei mir Phase ist, bis mir eines Tages der Kragen geplatzt ist und ich vor Schmerz sehr wütend wurde. Auf Anraten meines Freundes habe ich dann zwar einen Brief an meinen Vater geschrieben und dort nochmals alles erklärt, tja, aber leider vergessen Menschen mit Demenz nach spätestens zehn Minuten wieder, was sie gerade gelesen haben. Ich weiß das, kann aber trotzdem nicht damit umgehen. Aber ich würde ihn so gerne sehen, denn ich vermisse ihn oft. Wir hatten früher das allerbeste Verhältnis und konnten uns stundenlang über Gott und die Welt unterhalten. Und wenn ich Sorgen oder Probleme hatte, war er stets meine erste Anlaufstelle und immer für mich da. Ich bin hin- und hergerissen. Tue ich mir das an? Ein Treffen, das mir wahrscheinlich nicht gut tut und traurig macht? Andererseits – weiß ich genau, dass ich es bereuen würde, ihn nicht besucht zu haben. Es ist ja immer ungewiss, wieviel gemeinsame Zeit einem noch bleibt. Ich willige ein, stelle aber klar, dass ich eventuell schnell wieder gehen möchte, wenn mich die Situation zu sehr belastet. Rosi und ich machen uns auf den Weg.
Kaum draußen auf der Straße, fängt Muddern schon wieder an, über e-Scooter zu wettern, diese neumodischen Scheißdinger, die schlechterdings überall auf den Gehwegen herumliegen, man fällt ja andauernd fast darüber! Und die fahren so leise, neulich wäre fast jemand mit so einem Teil in sie hineingerast, weil sie den nicht gehört hat!
„Die sind toll!“, widerspreche ich, „Los, hier steht einer, wir fahren jetzt damit! Ich zeig dir, wie es geht!“
„Nein!“
„Los komm, ist echt einfach!“
„Nein!!!“
Ich hebe den Scooter vom Boden auf und entsperre ihn mit der App. Ein paar ältere Herrschaften kommen interessiert näher. Sie wollen wissen, wie das eigentlich funktioniert mit diesen Rollern. Ich erkläre es ihnen und auch Rosi hört verhalten zu. Als die Leute wieder weg sind, zeige ich ihr, wie man den Scooter bedient: Anrollen wie einen Tretroller, vorne den kleinen Hebel langsam runterdrücken, die Bremse ist auf dem Hinterrad. Ich drehe ein paar Runden um meine Mutter, aber keine zehn Pferde können sie dazu bewegen, es selbst auszuprobieren.
„Komm schon, bei uns auf dem Hof bist du doch sogar mit dem Traktor gefahren!“
„Das war was anderes!“
Seufz. Sie will partout nicht. Ich melde mich vom e-Scooter ab und stelle ihn an den Wegrand (so, dass niemand drüberfallen kann). Zu Fuß gehen wir weiter zur Wohnung meines Vaters.
Er bemerkt mich zunächst gar nicht. Ich muss erst zwei oder drei Mal Hallo rufen, bis er aufschaut. Er sieht mich und erkennt mich sofort. Er freut sich riesig! Mir kommen fast die Tränen. Er nennt mich bei dem Spitznamen, den er mir gegeben hat, als ich noch ein Kleinkind war. Ein ziemlich dämlicher Spitzname, den ich schon als Kind nie mochte. Ich schlucke runter, dass ich ihm schon vor Jahren gesagt habe, dass er mich, einen erwachsenen Menschen, nicht mehr so nennen soll. Jetzt gerade ist es okay. Besser als Deadnaming.
Rosi scheucht die Enkelkinder raus, die gerade in Günnis Wohnzimmer Fußball spielen (sie wohnen direkt gegenüber von ihrem Opa) und lässt uns allein. Wir smalltalken. Was ich hier mache (nach Schweden fahren), was der Hof so macht (joa, gut, ich baue gerade zum ersten Mal Weizen an), was David so macht (arbeitet viel), was ich so mache (nichts eigentlich, wohne oft im Auto und fahre viel herum), was das Leben so macht (muss ja), was er so macht (aus dem Fenster schauen, draußen in der Fußgängerzone ist ja immer was los). Rosi kommt wieder zurück, wir drei setzen uns an den Tisch und gucken alte und neue Fotos an. Die anderen aus der Familie haben Günnis nähere Umgebung mit Fotos aus alten und neuen Zeiten geflutet, damit er sich an seine Familie erinnert. Und was zum Angucken hat. An neue Sachen erinnert er sich nicht, zum Beispiel, dass er gestern vom Fenster aus Angela gesehen und ihr zugewunken hat. Dafür an ganz viel von ganz früher; typisch für Demenz. Er erklärt mir, wie man Boomerangs baut und wie schwer es ist, sie so zu werfen, dass sie wieder zurückkommen und genau in der Hand landen. Ich höre einfach zu. Egal, was er erzählt, ich freue mich, dass wir hier sitzen und miteinander reden. Innerlich weine ich vor Freude. Mit ihm kann man nur über alte Zeiten sprechen; wir reden über die Urlaube auf Sylt und Borkum mit „der ganzen Familie“ (damals gehörte ich noch zu „der ganzen Familie“. Wenn sich heute „die ganze Familie“ trifft, bedeutet das alle minus ich) und wir reden über den Schrebergarten von früher und übers Musikmachen und die Proberäume. Rosi gibt mir ein Fotobüchlein mit Bildern nur von Günnis erster Band. Die Band hieß Club 62, weil sie 1962 gegründet wurde, und war eine Tanzband, in der er Schlagzeug spielte und auch sang. Mein Papa hat nämlcih eine ganz tolle Stimme! Jahrelang – noch vor meiner Zeit – lebte er vom Musikmachen, bevor er sich eine Vollzeitstelle als Angestellter in einem Büro suchte, um seiner wachsenden Familie (insgesamt sieben Kinder) finanzielle Sicherheit zu ermöglichen. Als ich sechs war, brachte er mir Schlagzeugspielen bei. Später ein bisschen Keyboard und ein paar Akkorde auf der Gitarre. Wir haben stundenlang in unserem Heimstudio im Keller zusammen Musik gemacht, nur er und ich. Ich spielte Schlagzeug, er Keyboard und sang. Am liebsten spielten wir „Let‘s Dance“ von Chris Montez. Günnis Erzählungen aus der Zeit, als er im Musikhaus Becker als Verkäufer gearbeitet hat, sind legendär. Zum Beispiel, als er mal eine singende Säge bestellte, weil er wissen wollte, wie so ein Teil eigentlich funktioniert, und die dann hinter einen Schrank gefallen ist. Auch Geschichten aus der Club-62-Zeit kenne ich zu genüge. Zum Beispiel die von der jungen Frau, die unbedingt mal bei der Band mitsingen wollte, und weil sie so ein steiler Zahn war, durfte sie das auch, aber nur fürs Auge, denn die Frau hatte eine ganz furchtbare Stimme und sang trotzdem „Er hat ein knallrotes Gummiboot“ und alle fandens trotzdem gut und feierten sie ab, weil die Alte ja so geil aussah. Günni hat immer Unmengen alter Storys parat. Ich kenne sie alle zwar schon, seit ich denken kann, und habe sie hunderte Male gehört, aber ich höre sie trotzdem immer und immer wieder gerne.
Die alten Fotos von Club 62, die ich jetzt gerade in der Hand halte, kenne ich jedoch noch nicht.
„Wer von denen bist du?“
Günni zeigt mir, wer auf dem Foto er ist. Ein junger Mann Anfang 20, glattrasiert. Er sieht aus wie Ian Curtis. Ich mache ein paar Fotos von den Fotos.



Kurz bevor Rosi und ich wieder aufbrechen, sage ich zu Günni, dass ich noch Fotos von uns beiden machen will. Ich setze mich neben ihn und er fängt sofort an, seine bescheuerten Grimassen zu schneiden, anstatt still dazusitzen und freundlich in die Kamera zu schauen. Das ist er, denke ich, das ist mein Papa, wie ich ihn kenne. Sein altes Ich scheint plötzlich durch und blendet wie Sonnenstrahlen, die hinter einer schwarzen Wolke hindurchbrechen, bahnt sich einen Weg durch die Demenz und die Distanziertheit, und ich sehe ihn, wie er immer gewesen ist. Mein Papa. Kein demenzkranker, gebrechlicher, schwerhöriger, alter Mann. Jetzt gerade, als wir so herumalbern, ist er einfach mein Papa, ganz genau so wie früher. Zum Abschied drücken wir uns ganz doll und herzlich. Ich weine fast.

Ich gehe mit Muddern wieder zurück zu ihrer Wohnung und packe meine Sachen zusammen. Es wird Zeit, nach Dänemark zu fahren. Wir verabschieden uns und ich gehe zum Auto. Um 15:30 Uhr fahre ich los. Der erste Song des Tages ist „La Madrugada“ von Ezra Furman.
Es ist schon ziemlich spät am Tag. Mein Destination Point ist ein kleiner Parkplatz direkt vor der Storebæltbrücke. Dort möchte ich übernachten. Aber erstmal muss ich nach Dänemark rüberkommen. Rosi erzählte mir, dass auch nach Fallen der Coronabeschränkungen weiter an der dänischen Grenze die Autos kontrolliert werden. Ohaueha. Wenn die einen Blick in meine Karre werfen, wollen die die doch garantiert auseinandernehmen. Ich ahne, dass es ätzend werden könnte.
Aber aus irgendeinem Grund schickt mich mein Navi nicht den üblichen Standardweg zu den Grenzposten, den Letzte-Tankstelle-vor-der-Bundesgrenze und den Sexshops, sondern buchsiert mich über schmale Landstraßen und winzige Dörfer durch das öde, platte Land. Irgendwann hat ein Dorf einen dänischen Namen und ich bin ohne es zu merken nach Dänemark rübergefahren. Klammheimlich. Danke, Universum.
Ich denke an meinen Vater. Er wird jetzt schon wieder vergessen haben, dass wir uns heute gesehen haben.
Ich fahre auf die E45 auf, die angenehm leer ist. Alle anderen Autos haben ebenfalls deutsche Kennzeichen. Es regnet. Doch nach kurzer Zeit stockt der Verkehr und ich lande in einem handfesten Stau vor Kolding. Eine Stunde lang geht es nur im langsamsten Schneckentempo voran. Ich krieche an einem Autobahnrastplatz vorbei, bin schon fast an der Ausfahrt desselben vorbei und entscheide mich dann doch, dort rauszufahren und den Stau abzuwarten. Auf dem Rastplatz Pause machen und Brot essen und Wasser trinken und Fußgelenke ausruhen. Eigentlich hatte ich geplant, abends um halb sieben bei meinem Destination Point anzukommen, aber daraus wird nichts. Das wäre nämlich genau jetzt, und ich habe noch eine Stunde zu fahren. Ich hoffe inständig, dass der Parkplatz, den ich für die Nacht rausgesucht habe, auch wirklich gut ist. Sonst muss ich so spät noch herumfahren und einen anderen Spot suchen.
Nach ein paar Minuten habe ich keine Lust mehr zu warten. Ich fädele mich wieder in den Stau ein. Der Regen hat aufgehört, aber es ist nass. Nach einer endlos lang scheinenden Zeit lichtet sich der Verkehr und kommt ins Rollen. Ich fahre weiter. Werde schneller. Mein Auto-USB-Stick springt ins nächste Musikalbum. „Sad Robot“ von Pornophonique fängt an und ich feiere das voll ab. Habe gute Laune, drehe die Musik voll auf und brause über die inzwischen wieder leere Autobahn. Die wenigen Autos, die vor mir fahren, erzeugen einen Sprühregen aus Regenbogenfarben, denn die Sonne scheint jetzt wieder auf die nasse Straße. Ich sehe zum Horizont. Vor mir spannt sich ein großer Regenbogen von West nach Ost. Mir geht es gut. „Space Invaders“ auf voller Lautstärke ist der perfekte Song, um 85 Kilometer lang über die verlassene dänische E45 zu heizen, immer dem Regenbogen entgegen. Mein Auto verwandelt sich in ein Spacetaxi und hebt ab. Ich bin glücklich.
Ich fahre an einer Stadt mit dem schönen Namen Middelfart vorbei (gnihihihihi), rauf auf die Insel Fyn, dann weiter nach Odense, das ich aber auch links liegenlasse, und weiter Richtung Storebæltbrücke. Kurz vorher biege ich ab und erreiche bald, mit einer Stunde Verspätung, meinen angepeilten Parkplatz. Er ist super! Sehr abgelegen, sehr ruhig, direkt am Strand! Wenige Autos und zwei Wohnmobile. Die Sonne hat schon alles in Goldfarbe getaucht und schickt sich eben an, sich dem Horizont entgegenzusenken. Ich steige aus, laufe herum und schicke meiner Mischpoke sofort Fotos; jeder bekommt natürlich sein ganz eigenes mit jeweils dem Motiv, das (wahrscheinlich) am meisten interessiert – Parkplatz für David, Ponys für Janina, Landschaft für Felix.



David schreibt: Da waren wir vor fünf Jahren schon. Mit dem orangefarbenen Transporter, in dem wir mal während eines Dänemarktrips gewohnt haben. Oh. Ich war hier schonmal? Nun ja, nicht genau hier, sondern ein paar Kilometer weiter am Fuße der Brücke, aber in der Gegend definitiv.
Ich wandere am Strand herum. Es ist windig. Ich habe Hunger, aber bei Wind kann ich nicht kochen. Der Gaskocher macht das nicht mit, beziehungsweise ist es mir zu gefährlich und ineffizient. In den Dünen wachsen zu meiner Überraschung weißblühende Wildkohlpflanzen. Interessant. Zwischen Sand, Kraut und Strandhafer entdecke ich ganz viele bunte Schnirkelschnecken, hingestreut wie Dekoobjekte. Sie sind lebendig und kriechen nur halbmotiviert herum. Wie kommen die hier auf den Sand? Ihre gewundenen Häuser sehen aus wie schön bemalte Steine.

Nur einige Meter vom Parkplatz entfernt beginnt ein Marinegelände, das nicht betreten werden darf. Eine Kanone steht neben einem Gebäude, das Rohr aufs Meer gerichtet. Ein strenges Schild verwehrt mir den Zutritt zum Gelände. Es gibt keine Zäune. Ich kehre um.

Gegen 21 Uhr lasse ich es drauf ankommen, klemme mir meine Kochutensilien unter die Arme und schleppe alles zu den etwa fünfzig Meter entfernten Picknickbänken und breite alles auf dem groben Holztisch aus. Die Ponys kommen herbei und wollen was zu essen schnorren. Nope, Freunde, gibt nix für euch! Es ist noch sehr hell für diese Uhrzeit. Ich koche die ungekühlten Tortellini mit Tomaten-Basilikum-Füllung, die ich seit fast einer Woche im Auto mit mir herumschleppe.

Was Warmes tut gut. Ich habe gemerkt, dass mein Körper am besten damit zurechtkommt, wenn ich einmal täglich eine warme Mahlzeit esse. Immer nur schnell Crap reinschaufeln ohne etwas zu kochen, vor allem nur glutenhaltigen Crap wie Brot, Kekse oder Müsli, geht auf die Dauer nicht gut. Auf der Straße vegan UND ungesund, zuckerhaltig und fettig zu essen, ist absolut keine Kunst. Was zum Reinstopfen findet sich immer überall. Die Kunst besteht darin, trotz dieses Lifestyles auf die Gesundheit zu achten und sich auch mal was Vernünftiges zu servieren. Was mit frischem Gemüse oder gebratenen Pilzen kommt bei mir definitiv ständig zu kurz. Manchmal reiße ich mich mühsam zusammen, zwinge mich dazu, einen Beutel Salatmix im Supermarkt zu kaufen und crunche den direkt aus der Tüte wie eine Packung Kartoffelchips, um nicht nur ausschließlich Dosen- und Mikrowellenbeutelfutter oder Gnocchi mit Sojacuisine und Hefeflocken zu essen. Vielleicht sollte ich meine Taktik ändern und wenn ich Leute besuche nicht fragen, ob ich bei ihnen duschen kann, sondern stattdessen, ob ich was Gesundes mit Gemüse kochen darf. A pro pos duschen – das ist wieder dran! Zumindest sollte ich demnächst mal Haare waschen. Ich habe zwar überhaupt keine Lust; unter anderem, weil es recht frisch ist hier an der See, und weil dauernd Leute vorbeilatschen, aber wat mutt, dat mutt. Körperhygiene ist wichtig, auch als versiffter Vagabund. Irgendwann nachts kippe ich mir also eine halbe Flasche eiskaltes Wasser über den Kopf, bisschen Shampoo dazu? Noch mehr Wasser, Kreislauf kommt in Schwung, kallllt!, Kopf halbwegs trockenrubbeln, fertig. Haarewaschen mit circa 800 ml Wasser funktioniert. Wäre das auch erstmal erledigt. Und wegen duschen muss ich morgen mal schauen. Jetzt erstmal schlafen.
